27.09.2014: Der 23. Jahreskongress der Deutsch-Polnischen Gesellschaften in Dresden
Mit insgesamt 220 Teilnehmern am ersten Abend im Sächsischen Landtag und knapp 200 am Folgetag im Hörsaalzentrum der TU Dresden ist es der DPGBV auch in diesem Jahr gelungen, die Teilnehmerzahl im Vergleich zum Vorjahr stabil zu halten – trotz des in den Zeitraum gefallenen Lokführerstreiks, von dem insbesondere Ostdeutschland betroffen war.
Der alljährliche Höhepunkt der Jahrestagung war die Verleihung des DIALOG-Preises. Im Fokus stand 2014 das 25-jährige Jubiläum des Untergangs des Kommunismus. Den Preis erhielt zum einen der ehemalige Gewerkschaftsanführer und Staatspräsident Polens Lech Wałęsa, dessen unermüdlicher Kampf um die Freiheit Polens und seine politische Weitsicht entscheidenden Einfluss auf die Überwindung des Kommunismus in Europa sowie Wiedervereinigung Deutschlands nahmen. Zudem wurde der Interregionale Gewerkschaftsrat Elbe-Neiße für dessen Vorreiterrolle bei der trilateralen Zusammenarbeit zwischen den Gewerkschaften der Nachbarländer Deutschland, Polen und Tschechien ausgezeichnet.
Vertreter der Politik (Ministerpräsident und Polen-Koordinator der Bundesregierung Dr. Dietmar Woidke, Botschafter der Republik Polen in Deutschland, Jerzy Margański, desig. Vorsitzende des Sächsischen Landtags Andrea Dombois, Prof. Dr. Rita Süssmuth) haben in ihren Grußworten das Engagement beider Preisträger, wie auch das der Organisatoren des Jahreskongresses gewürdigt. Afugrund der kurzfristigen Absage der vorgesehenen Laudatoren Michael Sommer und Clemens Rode, wurden diese Ersetzt durch den Vorsitzenden der DPGBV Dietmar Nietan (Laudatio auf Lech Wałęsa) sowie Dr. Wolfgang Nicht, ehemaliger Vorsitzender der DPG Sachsen (Laudatio auf den IGR Elbe-Neiße).
Die Preisverleihung wurde von dem Posener Quartett „La Vita“ musikalisch begleitet. Die Musiker hinterließen einen bleibenden Eindruck bei den Gästen und Ehrengästen, indem sie – trotz ihres sehr jungen Alters – durch virtuose Instumentenbehrerrschung einzigartige Tangovarianten aufführen. Im Anschluss an die Preisverleihung hatten die geladenen Gäste beim Empfang im Sächsischen Landtag Gelegenheit sich auszutauschen.
Der zweite Kongresstag war geprägt von Podiumsdiskussionen zu aktuellen Themen der deutsch-polnischen Beziehungen. In der ersten Diskussion wurde der Frage nachgegangen, inwieweit das Jahr 1989 ein gemeinsames europäisches Datum sei. Die Diskutanten blickten dabei nicht nur auf die Vergangenheit und die Prozesse, die zum Sturz der kommunistischen Regime in Mittel- und Osteuropa führten, sondern gingen ebenfalls auf die gegenwärtigen Ereignisse in der Ukraine ein, deren politisches System im Vergleich zu den Mittel- und Osteuropäischen Staaten, die bereits Mitglied der EU sind, einen anderen Weg nach 1991 eingeschlagen hat.
Die zweite Podiumsdiskussion handelte von der heutigen Wahrnehmung der polnischen Nord- und Westgebiete in Polen. Im Vordergrund stand die Frage, wie diese Gebiete heute im kollektiven Bewusstsein der polnischen Gesellschaft verankert sind, ob sich seit 1945 und insbesondere nach 1989 eine regionale Identität entwickeln konnte und welchen Einfluss hierfür die Integration Polens mit der EU gespielt hat. Dabei wurden sowohl wissenschaftliche Erkenntnisse(Dr. Peter Oliver Loew; Prof. Dr. Krzysztof Ruchniewicz), als auch soziologische und journalistische Perspektiven zu diesem Thema eingebracht.
Im Anschluss an die beiden Podiumsdiskussionen hatten die Teilnehmer die Möglichkeit, an einer der insgesamt fünf vorgesehenen Arbeitsgruppen teilzunehmen. Die Arbeitsgruppen umfassten lokale Themen der deutsch-polnischen Zusammenarbeit. Durch die Aufteilung der Gäste in kleinere Gruppen konnten Fragen an die Arbeitsgruppenleiter ausführlich beantwortet und zielgerichteter diskutiert werden, sodass die Teilnehmer das erworbene Wissen in ihrer eigenen Tätigkeit im Bereich der deutsch-polnischen zivilgesellschaftlichen Beziehungen einsetzen können.
Abschließend trafen die Teilnehmer in der Alten Mensa der TU Dresden zum Abendprogramm zusammen. Es folgte eine Buchpräsentation samt Lesung ausgewählter Fragmente. Zu Gast war die polnische Schriftstellerin Brygida Helbig, die ihr in Polen für renomierte Preise ausgezeichnetes Buch „Niebko“ vorstellte. Erstmalig wurde das noch nicht ins Deutsche übersetzte Buch dem deutschen Publikum vorgestellt und erste Übersetzungspassagen vorgelesen. Abgeschlossen wurde die Tagung durch ein Abendessen mit musikalischer Begleitung der sorbischen Gruppe „Podka“.